komische Lyrik
Kassandra - das Mäuse-Orakel (...frei nach Goethes "Faust")
Leseprobe aus der Anthologie "Miezefeine Mausgeschichten, Band 2", Papierfresserchens MTM Verlag, Langenargen (Bodensee) 2024, Herausgeberin: Martina Meier, Taschenbuch, ISBN 987-3-99051-213-5
Klappentext: "Frauen, sie kreischen, wenn sie mich sehen. Ich bin doch ganz süß, kann's nicht verstehen... (Dörte Müller) Na, schon eine Ahnung, von wem oder was hier die Rede ist? Na klar, der Maus, an der sich ja nach wie vor die Geister scheiden. Die einen lieben sie, die anderen fressen sie und die meisten Menschen wollen sie partout nicht im Haus haben. Und wie sieht es bei den Mäusen aus? Die haben uns jedenfalls eine Menge zu erzählen - miezefeine Mausgeschichten fürwahr..."
Kassandra - das Mäuse-Orakel
Kassandra schaut tief in die Kugel
Als Maus ist sie bekannt auf Google
In Trance ist es kein schwerer Job:
Es strömen durch das Mauseloch
Klienten aus dem ganzen Land
Auch solche aus der reichsten Bank
Und manchmal eine Kirchenmaus
Aus einem längst verfall'nen Gotteshaus
Sie alle bitten und sie flehen:
"Die guten Geister woll'n wir sehen
Die Leben, Leib und Fell beschützen!"
Kassandra soll sie geistig stützen
Damit die Zukunft kommen kann
Ohne Angst mit Todesbann...
Gleich nebenan, in einem Bistro,
Wohnt der Erzfeind, der Mephisto
Er ist hier der Katzenboss
Er krallt so schnell wie ein Geschoss!
Und schnappt sich seinen Obolus
Noch lange scheint damit nicht Schluss
Die Mäuse fragen das Orakel:
"Wie verhindern wir nur dies Debakel?"
Kassandra schließt beseelt die Augen
Damit der Kater nicht mehr Blut kann saugen
"Verbindet euch zu einer List
Sodass Mephisto euch nicht frisst..."
Jeder hält den Atem an:
"Was ist zu tun? Und wie? Und wann?"
"Pssst", macht nun Kassandra:
"Ist vielleicht ein echter Mann da
Der mit trainierten Muskeln und Verstand
Die Tat vollbringt mit seiner Hand?"
Es meldet sich die kleinste Maus
Und piepsig ruft sie: "Ich bin Faust
Ich lock' den Kater in die Hecke
Dort bring' ich ihn dann schnell zur Strecke!"
"Die List kann nur gelingen
Wenn wir den richt'gen Zeitpunkt finden."
Spricht Kassandra in die Runde:
"Mit allen bin ich hier im Bunde..."
Inmitten jener Hecke entsteht ein tiefes Loch
Faust und Co. bereiten so ihr Schicksalsjoch
Kreativität verlangt der Meister
Und füllt das Loch mit Leim und Kleister
Es helfen Mäuse-Jungs und Mäuse-Mädchen
Und die Riesendogge Gretchen
Die noch ganz brav im Hintergrund
Wartet auf die große Stund'...
Die Mäuse sind mit Funk verbunden
Um das Bistro - mit Vorsicht zu erkunden
Der schnellste Läufer, das ist Faust
Der entlang Mephistos Nase braust...
Der Kater stürzt gleich hinterher
In Richtung Hecke: Bitte sehr!
Entsichert wird ganz schnell der Riegel
Es bäumt sich auf ein großer Spiegel:
Durch alle Katzenglieder fährt der Schreck
Mephisto, der ist plötzlich weg!
Er stolpert rücklings in die Grube
Das Mäuschen Faust ist hier der Kluge
Der Kater kämpft mit all dem Kleber
Als noch ein Schreck fährt durch die Leber:
Gretchen knurrt und fletscht die Zähne
Gleich einer hungrigen Hyäne!
Mit einem Sprung in voller Wucht
Ergreift Mephisto schnell die Flucht
Und war ab jetzt nie mehr gesehen
Kassandra kann das gut verstehen
Denn Faust, den Held, man wird ihn lieben:
Die Mäuse leben nun in Frieden!
Udo Brückmann
Link zum Papierfresserchen-Verlag:
https://www.papierfresserchen.de/1511-Miezefeine-Mausgeschichten-Band-2
Ein himmlisches Happy-End
Leseprobe aus der Anthologie "Schwein gehabt - Geschichten vom Glück für kleine und große Leute", Papierfresserchens MTM Verlag, Langenargen (Bodensee) 2020, Herausgeberin: Martina Meier, Taschenbuch, ISBN 987-3-96074-312-5
Klappentext: "Wir wollen sie erzählen, die kleinen und großen Geschichten vom kleinen und großen Glück - für kleine und große Leute. Unsere Gedichte, Haikus, Märchen, Erzählungen drehen sich genau um das, was uns allen so wichtig ist... glücklich sein."
Ein himmlisches Happy-End
Adalbert, der dicke Eber
War verliebt in eine Sau.
Grunzend fragte er, der Streber:
»Willst du werden meine Frau?«
Helene hieß das Schwein mit Namen.
Sie war entzückt und quiekte schrill:
»Ach Bertl, hab' mir mir Erbarmen!«
Sie fiel in Ohnmacht – und es war still.
»Lenchen, komm' zurück zu mir!«
Da öffnete die Sau ein Auge:
»Vor deinen Klauen lieg' ich hier,
Pflücke mich als reife Traube!«
Das Hochzeitsglück nach vierzehn Tagen
Im Fieber-Chaos und Gewimmel
Lag beiden Schweinen schwer im Magen,
Doch stiegen sie hinauf gen Himmel!
Ballonfahrt zu den Sternen,
Romantik pur – mit Ohrendruck.
Weit von zu Hause sich entfernen:
Durch Sau und Eber ging ein Ruck!
Denn Amors Pfeil flog daneben,
Statt „Zielobjekte beide Schweine“
Zerplatzte jetzt der Traum vom Leben:
Die Wolken tanzten nun alleine.
So stürzte der Ballon nach unten
Auf ein Feld mit Zuckerrüben.
Das Licht verschwand und es war dunkel,
War dies der Weg nach „drüben“?
Ein leises Grunzen hier und da,
Dann ein Überlebens-Schmatzen!
Der Himmel strahlte, wurde klar,
Doch Bertl brach sich alle Haxen!
Zu Haus' gepflegt von Lenchen
Ging es bald besser Stück für Stück.
Mit Bouquet und einem Krönchen
Genossen sie ihr Schweineglück!
Udo Brückmann
Link zum Papierfresserchen-Verlag:
https://www.papierfresserchen.de/epages/64282966.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/64282966/Products/1304
Leseprobe aus „zugetextet.com – Feuilleton für Poesie – Sprache – Streit – Kultur“, Literatur-Zeitschrift, Ausgabe Nr. 1/ Juli 2016, Beitrag Seite 71, Herausgeber: Walther Stonet, dabbeljuti Media/1-2-Buch.de, Erscheinungsort: Metzingen 2016, ISSN 2365-8258.
Der Toaster im Kloster (Ein Gedicht nicht nur für Kinder)
Am Esstisch eines fernen Klosters
Ist eingeklemmt gefährlich tief
Im Schienenstrang des Orden-Toasters
Verzwickt, zu eng und ziemlich schief
Ein Mäuserich, ein Tempel-Mönch,
Der Sekretär des Kardinals.
Er ist alleine heut' beim Lunch
Im Küchentrakt des Speisesaals.
Die Hitze steigt, die Ritze glüht,
Versengt der Maus das graue Fell.
Der Mäuserich ist sehr bemüht
Sich zu befrein aus dem Gestell.
Die Schiene schnellt rasant nach oben,
Der Toaster steht untätig still,
Die Maus, sie will ab jetzt geloben
Nach Schock und Schreck im Kloster-Grill
Sich künftig besser umzusehn
Und tugendhaft daran zu denken,
Beim Toasten sich schnell aufzublähn,
Um auch den Geist nicht fehl zu lenken.
Die Seele, sie weiß nur zu gut:
Im Toaster gibt es kein Erbarmen.
Zur Hölle mit der Feuersglut!
Der Himmel strahlt. So sei es – Amen.
Udo Brückmann
Netfinder: www.zugetextet.com/?p=1286
Inhaltsangabe 1/ 2016: www.zugetextet.com/?p=1336
BONUS
Die eigene Falle
Die Hexe Wilma Rattenschleim
Wollte gern alleine sein.
hr Besen, Antonius der Achte
Wusste augenblicklich, was sie dachte!
Und zwar bevor ihr die Gedanken kamen
Beim Zaubern, Kochen oder Baden.
Wilma war es einfach leid:
Zum Äußersten war sie bereit,
Den Besen heimlich zu verhexen
Mit einer Zahl aus sieben Sechsen.
Dazu kam ein Gebräu aus Spinnen.
Dem Todesgift noch zu entrinnen
War so wahrscheinlich wie ein Wal
Der Socken strickte, tausend Mal!
Das Hexen-Weib fand keine Ruhe
Und suchte nach der Zauber-Truhe.
Wo waren sie, die alten Schriften,
Um den Besen zu entmachten, zu vergiften?
Immer tiefer grub sich Wilma
Durch die Bücher und die Bilder.
Antonius, der dies erspürte,
Wusste schon, wozu das führte.
Die Hexe schrie: „Ich kann's nicht richtig lesen!
Zum Teufel mit dem blöden Besen:
Abri-ka-da, Abra-ka-du...“
Schnell klappte jetzt die Truhe zu.
Vom Hexen-Weib, o welch ein Graus,
Schauten nur die Füße 'raus.
Und die Moral von dem Gedicht?
Die grauen Zellen brauchen Licht
Und können zum Verhängnis werden,
Denn Wilma hat noch heut' Beschwerden!
Udo Brückmann
(bisher nicht publziert)
Grafik: Pixabay